„Als Team ziehen wir alle an einem Strang und wir brennen für Möbel“
Jan Cray arbeitet seit frühester Jugend mit Möbeln. Daraus hat sich eine Passion entwickelt, die ihn nicht mehr losgelassen hat. Seit 8 Jahren leitet er nun sein eigenes Unternehmen, das nicht nur heißt wie er, sondern auch genauso ist: authentisch, bodenständig und sehr sympathisch.
Erzähl doch mal: Wie bist du dazu gekommen, Möbel zu bauen?
Im Grunde habe ich schon seit meinem 16. Lebensjahr mit Möbeln hantiert. Das fing mit einem Jahrespraktikum in einer Tischlerei in Wales an, wo ich die ersten Maßmöbel und Küchen mitgebaut habe. Zurück in Lüneburg hatte ich dann das Glück, einen Nebenjob bei einem Möbelrestaurator zu finden. Dort konnte ich noch sehr viel mehr über den Umgang mit Möbeln erfahren. Irgendwie hat sich daraus eine Leidenschaft entwickelt, die mich nie wieder losgelassen hat.
Was hat dich so an der Möbelrestaurierung begeistert?
Alte Holzoberflächen zu neuem Leben zu erwecken hat mich einfach fasziniert. Ich habe beim Restaurieren der Möbel sehr viel über Oberflächenbehandlung und Design gelernt. Wenn man so ein 300 Jahre altes Möbelstück aufarbeitet, schaut man sich alle Einzelheiten ganz genau an. Mir sind dann immer gleich die Ideen in den Kopf geschossen, wie ich Details moderner interpretieren und wo ich eventuell Metall einarbeiten würde, ohne die Form oder Funktion einzuschränken.
Das klingt, als hätte sich die Idee vom eigenen Möbelhandwerk schon früh in deinem Kopf verfestigt.
Im Grunde schon. Ich habe zwar erstmal eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht, doch nach ein paar Jahren im Job kam ich auch immer öfter auf den Gedanken, das Metallhandwerk mit dem Medium Holz zu verbinden. Ich fühle mich nunmal in beiden Welten zuhause und arbeite sehr gerne mit Metall und mit Holz. Anfang 2013 stand der Entschluss dann fest. Ich dachte: „Jetzt oder nie, ich mach mich selbstständig“.
Klingt fast zu einfach, um wahr zu sein.
Ganz so einfach war es auch nicht. Zwischendurch war ich noch eine Zeit lang im Ausland, neben Chile unter anderem auch längere Zeit in Spanien bei meiner damaligen Partnerin. Dort nutzte ich den kreativen Freiraum und hab an Entwürfen für meine erste Möbelserie gearbeitet. Mein Geld hab ich dort allerdings eher mit Innenausbau verdient.
Also nicht mit Möbeln?
Leider nicht. In Spanien mag man es alles etwas bunter, expressiver, schriller. Mein Fokus war von Anfang an auf funktionales und nachhaltiges Design mit industriellem Charme ausgerichtet. Da fanden meine Entwürfe weniger Anklang. Und da war im Grunde für mich klar: ich muss zurück nach Hamburg. Ich bin dann mit einer sehr kleinen aber feinen Werkstatt in Ottensen gestartet. Das war dann auch der Startschuss für mein Unternehmen.
Und den Hamburgern gefielen deine Möbel offensichtlich.
Am Anfang war es nicht besonders wirtschaftlich, doch mit dem 6 Grad Tisch, der das erste Produkt der Serie war, lief es gut an. Dieses charakteristische Industriedesign ist einfach wie der typische Hamburger, man könnte sagen: sympathisch hanseatisch. Es harmoniert auch generell gut mit der beliebten nordisch-skandinavischen Formensprache. Heute bekommen wir vereinzelt sogar weltweite Anfragen.
Wie würdest du das typische Jan Cray Design beschreiben?
Ohne Firlefanz. Klare und einfache Formen, dargestellt in sinnigen Proportionen und spannenden Materialkontrasten und aus langlebigen, ökologischen Materialien gefertigt. Nachhaltigkeit und Funktionalität sind für mich ein Muss. Wir bauen keine temporären Lifestyleprodukte, die Menschen sollen im besten Fall ein Leben lang Freude an dem Stück haben und es in die nächste Generation weitergeben.
Gibt es Möbeldesigner, die dich bei deinen Entwürfen besonders beeinflusst haben?
Jean Prouvé in jedem Fall. Er hat es damals geschafft, traditionelles Handwerk und industrielle Fertigung zusammenzubringen und damit neue Möbellösungen zu etablieren. Seine Entwürfe sprechen dadurch eine sehr einfache Formensprache und sind dennoch immer absolute Hingucker. Das ist schon eine Kunst für sich. Auch Nils Holger Moormann, insbesondere als Unternehmer. Er betreibt eine ungewöhnliche und zugleich sehr gradlinige, ehrliche und vor allem offene Firmenphilosophie. Eine reine Wohltat in dieser Branche.
Was ist für dich eine besondere Herausforderung beim Entwerfen?
Um ehrlich zu sein: Es ist manchmal nicht leicht, den eigenen Perfektionismus zu überwinden. Meinem eigenen Anspruch immer gerecht zu werden und keine Kompromisse in Form und Material einzugehen, ist nicht immer einfach. Da wird dann auch schon einmal eine extra Runde gedreht, bis alles perfekt passt. Die vielen Möglichkeiten sind verlockend. Man könnte so viel machen, aber da wir ja auch bezahlbare Möbel anbieten wollen, müssen wir natürlich auch das Budget im Blick behalten.
…was ja vor allem bei Küchen ein wichtiger Aspekt ist. Wie kam es überhaupt dazu, auch Küchen zu bauen?
Das Thema Küche ist einfach super spannend und beschäftigt mich mich privat ja auch täglich. Ich selber koche gerne und viel und weiß deshalb, wie wichtig Funktionalität in der Küche ist. Nachdem wir schon ein paar Maßküchen gebaut hatten, wollte ich ein eigenes System entwickeln, das für die verschiedensten Grundrisse und Bedürfnisse passt. Sozusagen der Gegenentwurf zur klassischen Einbauküche. Ich hatte freistehende Module im Sinn, mit einem luftigen Look, der zum Wohlfühlen einlädt. Dass unsere Werk Modulküche schließlich mit einem German Design Award prämiert wurde, hat mich natürlich extrem gefreut. Und auch noch mal bestärkt: Es war offenbar ein guter Entschluss, den alten Job an den Nagel zu hängen und mich mit Möbel- und Küchenbau selbständig zu machen.
Was wünscht Du Dir für die Zukunft?
Es darf gerne einfach so weitergehen. Die Entwicklung von dem Unternehmen Jan Cray ist toll. Es wäre schön, wenn wir stetig im eigenen Tempo wachsen. An Ideen mangelt es uns nicht und die Zukunft wird bestimmt nicht langweilig. Nächster Meilenstein ist der Bau einer neuen Produktionshalle in der Nähe von Hamburg. Da ergeben sich tolle neue Möglichkeiten in der Fertigung und für’s gesamte Team. Das Schönste jedoch ist, dass wir als Team alle an einem Strang ziehen und für das, was wir tun, brennen. Das fühlt sich manchmal gar nicht nach Arbeiten an.“
Wähle einen Beruf, den du liebst und du brauchst keinen Tag im Leben arbeiten. So hieß es doch?
So ungefähr. Zumal ich auch ganz wunderbare Menschen um mich habe. So eine Firmengründung ist ja keine Kleinigkeit und auch meine Familie und Freunde haben mich von Anfang an unterstützt und stehen immer zu hundert Prozent hinter mir. Meine Schwester hilft mir als Art Direktorin bei der Weiterentwicklung der Marke und allen grafischen Arbeiten. Und mein Schwager Benno macht die tollen Fotos unserer Möbel und Küchen. Nicht zuletzt haben wir auch unglaublich tolle, wertschätzende Kunden. Das ist sehr viel wert und gibt wahnsinnig viel zurück.
Insofern ist Jan Cray mehr als eine Marke?
Wir alle sind Jan Cray und irgendwie sind wir alle eine große Familie. Und natürlich wünschen wir uns, dass ein Teil dieses Lebensgefühls in unseren Produkten mitschwingt und alle jene begleitet, die einen Hocker, einen Tisch oder eine Küche von Jan Cray in ihr Zuhause einziehen lassen. Am liebsten für viele Generationen. Auf diese Weise ein Teil der Geschichten anderer Familien zu werden und sie in ihren verschiedensten Lebenslagen zu unterstützen, ist schon ein unglaublich erfüllendes Gefühl.
Fotos: Nils Junker